Weihrauch

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Die „Droge“ der Messdiener. Es gibt ihn in allen möglichen Varianten: Mit großen und kleinen Körnern, golden schimmernd, bernsteinfarben, schwarz, schweinchenrosa, himmelblau, türkisgrün, tiefrot. Mit oder ohne Kräuter. Fein duftend oder erbärmlich stinkend.

Die Minis der Pfarrei Christkönig in Saarbrücken halten derzeit den Weltrekord: Sie besitzen Weihrauchproben aus über 400 Kirchen (und 44 Ländern). Das größte Weihrauchfaß der Welt ist in Santiago de Compostella zu bestaunen (Video).

Aber auch mit den „normalen“ Weihrauchfässern kann man ordentlich Dampf machen. Vor kurzem (Ort und Namen verschweige ich gnädigerweise) standen zur Gabenbereitung zwei grinsende Minis vor mir. Als sie das Weihrauchfaß öffneten, war mir der Grund des Grinsens klar: Etwa 10 große glühende Kohlen lagen darin. Also habe ich brav Weihrauchkörnchen draufgeschippt: Ein Löffel, zwei, drei, vier, fünf,…

Weihrauch hat übrigens eine interessante psychologische Wirkung auf Kirchenbesucher: Kaum sehen sie das Weihrauchfaß, schon wird kräftig gehustet & rumgeräuspert. Vor ein paar Jahren gab es ein Experiment, in dem Wasserdampf statt Weihrauch aus dem Faß strömte: Die Leute haben trotzdem gehustet…
Bei der Erstkommunionfeier habe ich das mal genauer beobachtet. Beim Auflegen auf die Kohle haben einige „Hinterbänkler“ in 40m Entfernung schon gehustet, bevor der Qualm überhaupt eine Chance hatte, den Altarraum zu verlassen. (Jaja – zuerst husten, aber dann nach dem Gottesdienst erst mal ‚eine Kippe anzünden).

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Daß Weihrauch (zumindest die guten Sorten) gar nicht mal so sehr im Hals kratzt, beweisen die Minis immer wieder mit den erstaunlichsten Selbstversuchen. In einer meiner ehemaligen Pfarreien haben sie es geschafft, im großen (!) Pfarrsaal so viel Weihrauch zu verbrennen, daß man wirklich NICHTS mehr gesehen hat. Eine  andere Minigruppe hat sich mit einem Weihrauchgefäß in mein Auto gesetzt – und einfach nur gewartet. Gleiches Ergebnis. Die Karre hat noch eine Woche später nach Weihrauch gemüffelt. (Wenn ihr diese amerikanischen Roadmovies kennt, bei denen Jugendliche kiffend im Auto sitzen und der Dampf aus allen Ritzen steigt, könnt ihr euch in etwa vorstellen, wie das ausgesehen hat).

Weihrauchschwingen ist eine Kunst für sich. Manche Minis entwickeln sich zu wahren Profis darin. Andere wiederum schaffen es, mir als Priester ganz schön Angst zu machen: Da werden Ketten verknotet, Finger verbrannt oder Fässer laut scheppernd auf den Boden gedotzt. Bei der Inzens zur Gabenbereitung hat mich ein Meßdiener einmal fast k.o. geschlagen: Nur durch ein beherztes rückwärtswerfen meines Kopfes konnte ich eine Kollision desselben mit dem heranrasenden Metallfaß verhindern – eine Showeinlage zur Freude der ganzen Gemeinde…

Doch selbst jahrzehntelange Übung schützt nicht vor „Unfällen“ beim Umgang mit dem Rauchwerk: Bei einem feierlichen Gottesdienst hat es ein Bischof Pfarrer einer sehr großen Kirche geschafft, fast das komplette Faß über den Gaben auf dem Altar zu entleeren (Wein – oder Blut Christi – mit Weihrauch vermischt gibt übrigens eine interessante Geschmacksnote).

Tja – mit dem Weihrauch erlebt man allerhand spannende Geschichten!
Habt ihr auch welche? Nur her damit!

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11 Antworten zu “Weihrauch”

  1. Also wir durften früher an Weihnachten und Ostern einen Überschwung während dem Auszug machen xD
    Aber damals gab es auch noch zwei Weihrauchfässer pro Gottesdienst. Aktuell müssen wir laut Pfarrer immer mit den Kohlen sparen, besonders bei Familiengottesdiensten wo obig beschriebener Placebo-Effekt eintritt [natürlich rauchen die Kinder nach der Messe nicht ;)].

  2. Unser Pastor mag scheinbar keinen Weihrauch. Das Fass wird nur für Ein-und Auszug, zu Evangelium und Gabenbereitung gebraucht, dann muss es sofort in die Sakristei gebracht werden…

  3. jaja, der Weihrauch…
    Jedes Jahr bei der Sternsingeraktion war es immer sehr witzig, wenn man mich wieder „kacke“ schreien hörte, und das Weihrauchfass über dem Glatteis verteilt sah… 😉

    Auch sehr schön war die Episode in der diesjährigen Osternacht. Ich und ein Freund sind hier Obermessdiener und tragen meistens Fass und Schiffchen. Unser Pfarrer hat demletzt Weihrauch gekauft, der nach Badewasser oder Seife riecht, aber definitiv nicht nach Weihrauch 🙂 Also gehen wir nach dem Evangelium wie immer in die Sakristei, haben aber den Weihrauch aus dem Schiffchen geholt und den alten (normalen!) Weihrauch reingetan… Der Pfarrer hat uns dann etwas schräg angekuckt, aber trotzdem wieder vier große Löffel draufgeschmissen 😀

  4. Ich war in Neuseeland letztes Jahr bei der Einführung der anglikanischen Bischöfin von Christchurch. Sie ist sehr „high church“ geprägt.

    Eine Minute vor Beginn des Gottesdienstes ging der Feueralarm der Kathedrale los.

    Ratet mal was los war: 🙂

    Die hatten seit Jahr(zehnten???) kein Weihrauch mehr verwendet und zu Beginn der Prozession stand die „Thurifer“ mit dem rauchenden Fass direkt unter dem Feuermelder.
    rofl

    Ich kann gut duftendem Weihrauch übrigens durchaus was abgewinnen, bin aber definitiv allergisch dagagen.
    Musste dies auch in NZ feststellen.

  5. Wir hatten unsere Abschlussfahrt in der Oberstufe (2007) in Rom.
    Als Souvenir haben wir uns dann mit Weihrauch eingedeckt,…
    Wer ma nach Rom kommt, neben den bekannten Sehenswürdigkeiten, lohnt es sich durch die Straßen hinten dem Pantheon zu gehen, da gibt es eine Straße, die voll mit Geschäften ist, in denen sich Priester einkleiden können, oder sämtliches Kircheninventar, sowie liturgisches Gerät gekauft werden kann,…
    Nicht gerade günstig, aber eben auch nicht der typische Tourikram,…
    Auch wenn man nichts kauft auf jeden Fall einen Besuch wert, diese Priester-Shopping-Meile 😉 eben auch für Weihrauchliebhaber!

  6. Am Hohen Dom zu Mainz hatten wir am Ostermontag 1989 die Ministration. Der Küster mag den Chor nicht, der an Ostermontag den Gottesdienst musikalisch gestaltet. An diesem Tag war bestes Weihrauchwetter, im Weihrauchfaß lagen fünf Kohlen und der Dompräbendat (… – de mortuis nihil nisi bene) scheppte ein Löffel nach dem anderen auf die Kohlen.
    Schon nach dem Gloria gab es die ersten Stimmausfälle, während der Gabenbereitung ein Intonationsproblem, u.s.w. Der Gottesdienst wurde mit Mühe musikalisch fertiggestaltet.
    Jedenfalls haben sich alle im Domkapitel über die plötzliche „Weihrauchallergie“ gewundert und doch den alten Damen und Herren ein bißchen mehr an Standhaftigkeit gewünscht. Später gab es eine Standpauke. Dort haben wir zum erstenmal von „Sacrosanctum Concilium“ gehört. Dort stünde nichts von Weihrauchopfern aber von musica Sacra. Hmmm… Schon recht. Jedenfalls war es über mehrere Jahre hinweg ein regelrechter Sport von uns pubertierenden Jungs, die Damen und Herren des Erwachsenenchores mittels Weihrauch aus dem Konzept zu bringen, das heißt an die frische Luft zu befördern. Unsere höchste Zahl waren neun (!) Sängerinnen. Jaja, was die Pubertät so anrichten kann. Daher ein Tipp: Gemischter Erwachsenenchor und pubertierende Jungs nie gemeinsam in einem Gottesdienst einsetzen. Weihrauch kann auch im Gottesdienst zu Streichen verwendet werden. Das gibt dann im nächsten Liturgiekreis Ärger. Aber es macht halt eben so viel Spaß …

  7. Wir Pfadfinder übernehmen in unsrer Heimatpfarrei das Sternsingen.

    Daher will ich Euch auch folgende kleine Geschichte nicht vorenthalten, auch wenn vieles dazugedichtet ist *g*:

    Winter, 6°C, Regen von allen Seiten.
    Fünf seltsam vermummte Pfadfinderinnen und Pfadfinder samt viel zu spitzem Stern und diverse – in diesem Fall total verstimmte – Klanginstrumente steigen in ein viel zu kleines Auto –
    die Kleinen selbstverständlich vorne (weil Chef und Chefin), die Großen – nicht ganz artgerecht ääh rückenschonend – hinten.

    Die Türen sind noch alle auf, und trotzdem hat die Lüftung auf höchster Stufe erheblich zukämpfen, um wenigstens an der Frontscheibe ein 10x10cm-Guckloch freizuhalten.

    Dann passiert das unvermeidbare:
    Die Türen fallen zu – oder eben doch nicht.
    Neuer Anlauf, alle atmen ein, halten kurz die Luft an – die Lüftung brüllt in voller Lautstärke und nutzt den Hauch einer Sekunde, um den Sehschlitz kurzfristig auf 11x14cm zu föhnen – die Türen – vorsorglicherweise mit voller Kraft zugezogen – erreichen mit letzter Mühe den rettenden Bügel im Schloss.
    Die Lüftung hält kurz den Atem an, die Pfadfinderinnen und Pfadfinder nicht mehr, das Metall ächzt, die Türen wölben sich nach außen, Metall knarzt und die Scheiben knirschen.

    Erste markerschütternde Schreie von den Personen links und rechts des Sterns.
    der erste Tinnitus ist überwunden, als die Sirenen erneut nach Odysseus rufen, da sie annehmen, er habe sie nicht gehört,
    getreu nach der Devise: dann mal eben lauter…

    Feuer bekämpft man ja bekanntlicherweise auch mit Feuer, also: Anlage an.
    Dummerweise lief am gestrigen Abend noch Metallica in voller Lautstärke, was die Sirenen erneut aufschreien lässt, erschrocken
    von dem diabolisch lauten Finale von St. Anger.

    Fans von Horrorfilmen erkennen die Melodie von Psycho, die der Anlasser jault, um die Massen in Bewegung zu bekommen.
    Der Stromkreis hat schwer zu kämpfen mit Zündung, Mucke, Licht und Lüftung – und wer gibt nach? die Lüftung…

    Der gewonnene Vorsprung von 4cm wird sozusagen kurz vor der Zielgerade zunichte gemacht.
    Die Lüftung fällt auf Platz 9 von 10 angetretenen Teilnehmern und der Sehschlitz mutiert zum Seh-Strich mit den jämmerlichen
    Ausmaßen von 4x3cm.

    Der Motor läuft (wenigstens das funktioniert), doch dann passiert das Unvermeidbare:
    Der Fahrer bemerkt den Bodennebel… – The Fog, der Nebel des Grauens, würde der geübte Horrorfilm-Kritiker nun sagen…

    Dieser Nebel, der sich nun gemächlich an den Fünfen hochwabbert, ist „Weihrauch“ – die gute, alte Jerusalemer Mischung.

    Ein bekannter, bestimmt auch wichtiger Mensch der Antike, des Lateinischen mächtig, prägte damals den Satz „Dosis venum facit“ –
    und damit hat er recht…

    Das schwenkende Räuchermännchen hat – wohlweißlich um die anstehende Fahrt – die „Pulle“ nochmal ordentlich vollgemacht:,

    Kohlen kämpfen auf dem Grund ums überleben bedeckt von einem wahsinningen Haufen aus dem Orient.
    Diese Ladung hätte Jerusalem auf einen Schlag leergefegt, hier entstand wohl der Begriff „Gassenhauer“.
    Selbst den Kreuzrittern wäre diese Waffe zu mächtig erschienen.

    Irgendwie haben es die Amis seinerzeit bei den vietkongs zum brennen gebracht und „Napalm“ genannt, heute heißt dieses Räucherwerk „Weihrauch“…

    Erzgebirger Räuchermännchen hätten nie eine Ausbildung zum Solchen gemacht, hätten Sie von diesem beißendem Gestank gewusst.

    Der Nebel zieht höher und höher, der letzte Atemzug gleicht dem eines Ertrinkenden. Ein beherzter Giff richtung Türgriff scheitert, die
    Sicht ist gleich Null. Schnell noch ein paar hektische Handbewegung, und etwas lichtet sich der Nebel.
    Der beißende Rauch macht seinem Namen allerdings alle Ehre und scheint sich geradezu wieder voller Hunger auf die Hand zu stürzen, die den rettenden
    Griff findet.
    nur noch ein paar Zentimeter, da muss er ja irgendwo sein. Und da, da ist er.
    Der Griff ging zwar nicht ins Leere, aber der Widerstand ist ungewöhlich gering…
    War das etwa doch die falsche Richtung? Die falsche Hand? Statt Türgriff die Beifahrerin getroffen?

    Ach, da war was…
    Anti-Car-Jacking-Funktion nennt sich das Feature, das uns jetzt jämmerlich ersticken lässt.
    Sie soll Diebe an der Ampel davon abhalten, plötzlich die Tür aufzureißen und das Auto zu stehlen.
    Was würden wir in diesem Moment für einen Dieb geben!
    Das Auto wär mir in dem Fall egal, das kann dann nur noch mit einer Gasmaske betreten werden.
    Vergleicht man den zähflüssigen Nebel mit den Eigenschaften von Wasser, so würde der Schwall Wasser den potentiellen
    Dieb beim öffnen der Tür glatt umspülen und zu Fall bringen lassen.

    Dann hilft nur noch die rettende Fensterkurbel.
    Elektrische Systeme hätten hier längst den Geist aufgegeben, so dick sind die Schwaden.
    Also, Kurbeln… und das Funktioniert….

    Der Nebel scheint es kaum erwarten zu können, nach draußen zu wabbern – ist es ihm etwa auch zu stickig in der Kiste?
    Oder ist einfach der Überdruck in der Kabine zu hoch?!
    Mit einer Geschwindigkeit nahe einem Fallwind stürzt die wabbernde Masse durch den langsam größer werdenden Fensterspalt.
    Wie zähflüssiger Kautschuk wird die Masse, die irgendwann den Aggregatszustand von gasförmig zu fest gewechselt hat, an eine
    Stück aus dem Luftloch gerissen, mit einem markerschütternden „schluuuuuuuuuurfz“ verschwindet der Nebel augenblicklich
    in der Atmosphäre, als Radiomoderator bei der Sonderdurchsage vor einer undurchsichtigen Wolke ungeheueren Ausmaßes im Raum
    Pirmasens warnt, die die ganze Republik einzunehmen scheint – kurz bevor die Welt erstickt…

    Gott sei Dank ist nun das Auto wieder leer und befahrbar – das Jammern, ächzen und stöhnen der Insassen scheint langsam zu verstummen, die Mühle setzt sich in Bewegung.

    Zum Glück werden nur kurze Strecken zurückgelegt, dennoch signalisieren die entgegenkommenden Autofahrer mit Lichhupe und hektischen Handbewegungen, dass unser Geschoss brennen würde.
    Umweltaktivisten breiten schon die Banner aus, das schwarze Rauch-ungeheuer aus „Lost“ verzieht sich vor Angst in die Katakomben der Insel…

    doch da – was ist das?
    Blaues Blinklicht hat Mühe, sich durch die dichter werdenden Rauchschwaden im Auto zum Rückspiegel durchzukämpfen…
    Die Feuerwehr? Weil das Auto brennt?
    Der Krankenwagen samt Beatmungsgerät, wegen der Rauchvergiftung?

    Neeeeeein, die Polizei,
    und was die sich denkt, bei einem Auto mit seltsam vermummten Insassen und voller Rauch, wissen wir alle 🙂

  8. Als ich vor Jahren noch Messdienerin war hatten wir das Problem, dass das Weihrauchfass geklemmt hatte.
    Ich als Schwenkerin hab dann dran gezogen, damit der Pfarrer vor der Altarumrundung was auf die Kohle schippen konnte. Es tat sich nichts.

    Der Pfarrer hat es dann geschafft, die beiden Teile auseinander zu bekommen mit dem Ergebnis, dass die Kohle auf dem Boden lag. Die Schiffchenträgerin wurde aufgefordert, schnell eine Schippe zu holen, doch rührte sich die gute Frau nicht. Also nahm ich die Kohle (weil die weder glühte noch heiß aussah 😉 ) mit der Hand auf und warf sie wieder in das Fass.

    Habe dann während dem gesamten Gottesdienst gemerkt, dass die Kohle doch heiß war. Als Linderung durfte ich meinen Daumen in Katechumenöl tunken 🙂

    An Weihnachten hatten wir dann das gleiche Problem mit dem Fass. Allerdings blieb hier der Teppich nicht heile (so wie bei mir), sondern war dann mit einem Brandloch gezeichnet 😉

  9. Hat man keine Kohle – ich suchte eine Methode ohne Kohle überall hier in den Texten, aber nein -, so nimmt man eine dickere Kerze mit feststehendem Rand, etwa 10 cm innen heruntergebrannt, dazu ein Küchenkratzerl aus Draht, Weihrauch vorsichtig oben drauf, und legt das Kratzerl auf die ausgehöhlte, brennende Kerze. Es funktioniert. Der Weihrauch steigt langsam hoch. Gewonnen! auch ohne Kohle !

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