Gassirunde oberhalb des kleinen Dörfchens Imsbach im Donnersbergkreis.
Wie jedes Mal bleibt Phil an „seinem“ Felsvorsprung stehen.
Wie jedes Mal setzt er sich hin und blickt gedankenverloren in die Ferne.
Auch ich bleibe stehen.
Wir schauen und schweigen.
„Bissl neblig heute.“ murmelt der Hund.
Ich nicke. Bei gutem Wetter sieht man von hier aus viele Kilometer weit. Heute ist schon nach wenigen Metern Schluss. Ein paar Baumwipfel sind zu erkennen. Dahinter: Dumpfgräuliches Nichts.
„Weißt du, was ich manchmal vermisse?“ fragt Phil.
„Was denn?“
„Den Leuchtturm.“
„Welchen Leuchtturm?“
„Na unseren Leuchtturm. Ist doch klar!“
Vielleicht muss ich Dir, liebe Leserin, lieber Leser, kurz erklären, dass Phil den rot-weiß gestreiften Leuchtturm der nordfriesischen Insel Amrum meint. Dessen Leuchtfeuer steht 63 Meter über mittlerem Hochwasser auf einer Düne und strahlt bis zu 23,3 Seemeilen weit hinaus auf’s Meer.
„Ein Leuchtturm mitten im nordpfälzischen Bergland? Welchen Schiffen soll der denn leuchten?“ frage ich verwundert.
„Dann gäb’s wenigstens irgendwas, dass durch den Nebel durchscheint.“ sagt Phil.
Ich runzle fragend die Stirn.
„Weißt du“ ergänzt er. „Manchmal hab ich den Eindruck, dass ihr Menschen ständig im Nebel rumstochert. Dass ihr in eurer komplizierten Welt den Überblick verloren habt und gar nicht mehr checkt, in welche Richtung euer Boot schippert.“
„Wie meinst du das?“
„Schau mal: Im Grunde wollt ihr doch alle in einer Welt leben, in der es friedlich zugeht. In der jede und jeder genug zum Leben hat. Eine Welt, die sicher ist. In der ihr euch frei bewegen könnt, ohne Angst vor irgenwelchen gewalttätigen Spinnern haben zu müssen.“
„Ja. Kann man so sagen.“
„Gleichzeitig bemerkt ihr immer wieder, dass eure Welt eher dem stürmischen Meer gleicht. Die Wellen schlagen hoch. Der Boden wankt. Ständig passiert etwas, dass euch das Gleichgewicht zu rauben droht.“
Ich ahne, worauf der Vierbeiner hinauswill – und warte ab.
„Wenn ihr jetzt einen Leuchtturm hättet. Ein großes, hell strahlendes Leuchtfeuer, an dem ihr euch orientieren könntet…“
„Dann?“
„…dann wüsstet ihr, dass der feste Boden näher ist, als ihr denkt. Dann könntet ihr gemeinsam das Ruder drehen und den sicheren Hafen anfahren. Dann könntet ihr all den Klippen ausweichen, die euer Schiff zum Kentern bringen würden.“
„Da ist was dran.“
„Stattdessen fahrt ihr bei Sturm durch den Nebel und schreit euch an. Ihr streitet darüber, ob das Steuerrad mehr nach links oder mehr nach rechts gehen sollte. Ihr macht euch gegenseitig Vorwürfe und ignoriert, dass die Wellen immer höher schlagen. Währenddessen beginnen ein paar Meuterer das Ruder manipulieren – mit dem einzigen Ziel, Euer Schiff auf Riff laufen zu lassen.“
„Wem sagst Du das…“ schnaufe ich und denke an die Bundestagswahlen, die in wenigen Wochen stattfinden werden. An die demokratischen Parteien der Mitte, die sich so sehr zerstritten haben, dass die Rechtspopulisten der AFD dem Ruder gefährlich nahe kommen.
„Ganz ehrlich“ grummelt Phil. „Irgendwie kann ich die Leute verstehen, die die AFD wählen wollen?“
„Wie bitte?“
„Naja. Die hocken doch mit euch im Boot. Die sehen doch, dass ihr mehr und mehr manövrierunfähig werdet. Da ist es doch ein Leichtes für die AFD zu sagen „Wählt uns. Wir nehmen das Steuerrad in die Hand…““
„Alter. Du willst jetzt doch bitte keine Werbung für die AFD machen?!“
„Carsten“ grinst der Vierbeiner. „Schau mich an. Sehe ich für dich braun-blau aus? Du weißt doch, dass ich ein tiefschwarzer Hund mit ner linksrotgrün-versifften Seele bin.“
„Uff. Danke. Da bin ich erleichtert.“
„Und trotzdem“ sagt Phil. „Wenn die vernünftigen Seeleute nicht langsam mal das Ruder in die Hand nehmen – und zwar gemeinsam – wird euer Schiff leckschlagen und sinken. Was ihr braucht, ist ein Leuchtturm! Ein Leuchtturm, an dem ihr euch orientieren könnt. Der euch hilft, den Weg zu finden.“
„Aber den haben wir doch“ rufe ich. „Wir haben unser Grundgesetz. Wir haben vereinbart, dass die Würde des Menschen unantastbar ist.“
„Eben.“ lächelt der Hund. „Und als Christ*innen habt ihr obendrauf noch die Frohe Botschaft. Einen Gott, der Partei ergreift für alle Menschen. Einen Gott, der euch wieder und wieder an Nächstenliebe und Gerechtigkeit erinnert. Wenn DAS mal kein Leuchtturm ist!“
„Ach Phil“ sage ich. „Ich befürchte, dass gerade ziemlich viele Leute damit beschäftigt sind, das Fundament unseres Leuchtturms zu untergraben.
„Und deshalb ist es jetzt vielleicht wichtiger denn je, aufzustehen. Den Seeleuten, der Besatzung und den Mitfahrenden zu sagen, wie wichtig es ist, stabile und hell strahlende Leuchttürme zu haben. Da draußen auf dem Meer. Und hier. An Land.“
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