„Alles ok bei Dir?“
Der Hund stupst mich mit seiner feuchten Nase an.
Ich erschrecke.
„Wie bitte?“
„Ob alles ok ist bei dir? Siehst nicht gut aus. Traurig. Wütend. Genervt. Müde…“
Ich schnaufe. Atme tief durch.
Phil schaut mich an – und ich beginne zu heulen. Einfach so. Die Tränen finden ihren Weg.
„Was’n los?“ will er wissen, während ich laut schniefe.
„Nix“ sag ich. „Hab nur mal wieder nen kleinen Migräneanfall.“
„Naja. Der kommt ja nicht aus dem Nichts…“
„Ach“ sag ich „ist einfach gerade viel los.“
„Was ist denn gerade los?“ hakt der Vierbeiner nach.
Weil ich weiß, dass das Tier nicht lockerlassen wird, beginne ich zu erzählen.
Von den Plänen unserer Bistumsleitung, die komplette Pfarreistruktur ab 2027 neuzugestalten. Von meiner Sorge, dass das Konzept dahinter noch völlig unausgegoren und schwammig ist – und von meiner Angst davor, dass das komplett in die Hose geht.
Von meinem Frust darüber, dass wir ständig neue Strategien entwickeln müssen – und nebenbei kaum noch Zeit für die Seelsorge bleibt. Für’s Miteinander-Kirche-Sein. Für die Dinge, die den Menschen unter den Nägeln brennen.
Ich erzähle ihm, wie sehr ich mich nach einer Kirche sehne, die wirklich und ernsthaft für ALLE Menschen da ist. Und davon, wie sehr wir selbst im Kleinen immer wieder scheitern. Weil Befindlichkeiten und „Das-war-schon-immer-so“ am Ende scheinbar doch wichtiger sind, als unser Traum von einer einladenden und lebendigen Kirche.
Dass ich mich manchmal fremdschäme erzähle ich ihm: Wenn wir Menschen einladen, zu uns zu kommen – und dann unsere Veranstaltungen so gestalten, dass sie mit den Füßen abstimmen und gehen. Weil’s einfach nicht passt. Weil wir nicht bereit sind, über unseren Schatten zu springen; uns zu fragen, was unsere Gäste gerade brauchen – und dem entsprechend zu handeln.
All das erzähle ich dem schwarzen Hund mit konkreten Geschichten und Beispielen. Ich berichte ihm auch, dass ich diese Geschichten nicht öffentlich beim Namen nennen kann – weil das wiederum zu Konflikten führen würde, die ich im Moment weder aushalten noch angehen kann. Dafür reicht die Energie nicht…
„Vielleicht“ sagt Phil schließlich „musst du deine Angst und deinen Frust einfach loslassen.“
„Wie meinst du das?“
„Was sind denn die Alternativen? Du kannst da sitzen, den Frust in dich reinfressen und ne ausgewachsene Migräne davon kriegen. Was bringt Dir das? Nix!“
„Oder?“
„Oder du kannst das bisschen Restenergie, das noch das ist, dazu nutzen, Verbündete zu suchen. Menschen, denen es nicht um das „war schon immer so“ geht. Menschen, die sich ernsthaft und aufrichtig fragen, wie Kirche noch gehen könnte. Als ein Ort, der einladend und offen ist, ohne zu vereinnahmen. Ein Hoffnungsort. Ein Zuhause. Eine Zuflucht. Ein Ort, an dem Gottes Geist wirken darf, ohne eingeschränkt und kleingemacht zu werden.“
„Da sind so viele Windmühlen“ sage ich. „Wie soll ich gegen die ankämpfen?“
„Naja“ mein Phil. „Wie wär’s denn mit ein bisschen mehr Gottvertrauen? Dein Jesus. Der hat doch gesagt „Ich mache alles NEU“. Er hat nicht gesagt „Ich mache alles wie früher“. Vielleicht könntest du ihm ein bisschen mehr vertrauen. Und zutrauen.“
„Ich versuch’s ja“ sage ich und schneuze in mein Taschentuch.
„Nicht versuchen,“ sagt Phil. „Machen! Wenn dir wirklich was an der Frohen Botschaft liegt, brauchst du keine Angst zu haben. Mach einfach. Dann werden Manche gehen. Komm klar damit. Dafür werden Andere dazukommen. Es wird anders sein. Nicht wie früher. Nicht wie immer. Und dein Jesus. Der wird dabei sein. Der wird mitgehen. Ganz sicher.“
„Uff.“ sage ich. „Dann wird Kirche aber ganz anders aussehen, als wir sie kennen.“
„Wird sie“ nickt der Hund. „Darf sie auch. Sie wird neu sein. Und das… ist gut so.“
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