Küssen verboten

Phil liebt.
Er liebt das Leben.
Er liebt es, Party zu machen.
Er liebt ausgiebige Abenteuer.
Er liebt Leckerlies aller Art.
Er liebt Menschen.

WENN Phil etwas liebt, dann richtig!
Dann verdeutlicht er seinen Standpunkt unter Einsatz seiner gesamten Körpermasse.
Dann fliegen 40 Kilo Hund wie ein geölter Blitz über Stock und Stein.
Dann wälzt sich das schwarze Fellbüschel voller Freude im saftig-frischen Gras.
Dann düst er mit wehenden Lefzen los und macht Arschbombe ins Meer.

Problem: Wenn Phil menschlichen oder tierischen Freund*innen begegnet, liebt er haargenau auf die gleiche Art und Weise: Er sieht dich. Er erkennt dich. Noch bevor du mit der Wimper zucken kannst, ist er bereits im Anflug. In diesem Moment solltest du sehr standhaft sein. Denn der kleine Vierbeiner hat nur ein einziges Ziel: Er will dich küssen. Mit vollem Körpereinsatz.

Wenn du bereit bist für eine große Portion Hundeliebe, wirst du auf deine Kosten kommen. Garantiert. Denn Phil ist ein verdammt guter Küsser. Okay, möglicherweise brauchst du danach ein Handtuch, um dein Gesicht vom Hundesabber zu befreien. Aber hey: Das gehört zu einem intensiv-romantischen Hundeknutscher einfach zu.

„Jetzt komm endlich zum Punkt“ unterbricht Phil mein Geschreibsel. „Ich seh da nirgendwo ein Problem. Sei doch froh, dass du nen netten Hund hast, der lieber mit Menschen kuschelt, als sie zu verbellen!“
„Bin ich ja, Kleiner. Absolut. Die Sache ist nur die: Unter Umständen wäre es angebracht, nicht gleich JEDEN abzuknutschen und anzusabbern, den du ansatzweise nett findest.“
„Wieso nicht?“
„Weil wir Menschen uns auch nicht ständig küssen. Ist so ein Nähe-und-Distanz-Ding.“
„Ist mir auch schon aufgefallen. Warum eigentlich nicht? Wenn ihr euch doch mögt…“
„Weil wir da schon ein bisschen unterscheiden. Den einen geben wir die Hand, andere umarmen wir zur Begrüßung. Nur die allerliebsten Menschen werden geküsst.“

„Ganz schön geizig.“ kommentiert der Vierbeiner.
„Wieso geizig?“
„Na, wenn ihr Liebe in euch drin habt, könnt ihr die doch auch verschenken. Ich hab mal gehört, dass Liebe sich vermehrt, wenn man sie teilt. Wär das nicht ein Ansatz zur Lösung eurer Weltprobleme? Stell dir mal vor, ihr müsstet die ganzen durchgeknallten Diktatoren nur ausgiebig knutschen – und schwupps – wären sie bekehrt und lammfromm.“
„Ich glaub, bei den meisten von denen wird das nix bringen. Auch, wenn die echt Nachholbedarf in Sachen Liebe und Menschlichkeit haben.“
„Schade. War so ne Idee…“

Ich schiebe die Bilder von sich knutschenden Politikern à la Gorbi und Honecker aus meinem Kopf und blicke den Hund an. „Jetzt hast du mich schön vom Thema abgelenkt.“
„Welches Thema?“
„Na DU und deine Knutschattacken.“
„Was ist damit?“
„Du solltest die etwas zurückschrauben.“
„Wieso?“
„Na, weil nicht jeder Mensch gleich abgeschlabbert werden muss.“
„Menno.“
„Wie wär’s denn“ schlage ich vor „wenn du stattdessen Pfötchen geben würdest?“
„Und dann küssen?“
„Nein. Küssen verboten! Meinetwegen noch nen Nasenstupser auf die Hand – aber nur bei Menschen, die du gut kennst. Geküsst werden ab sofort nur noch Lieblingsmenschen und allerbeste Hundefreunde.“

Der schwarze Hund verzieht das Gesicht.
Offensichtlich trifft meine Ansage nicht ganz seine Vorstellungen.
„Wenn’s unbedingt sein muss. Dann versuch ich das halt.“
„Versprochen?“
„Versprochen. Aber garantieren kann ich nix. Du weißt doch: Ich bin voller Liebe!“
…sagt der kleine Hund und zieht seine Zunge einmal quer über mein Gesicht.

„Danke.“
„Gern geschehen.“

#gesprächemitphil

«
«