„Was riecht da so lecker?“
„Aaaahhh“ schreie ich, mache einen Satz und lasse den Kochlöffel fallen. Heiße Tomatensoße spritzt durch die Küche und zeichnet ein wahrhaft geschmackvolles Kunstwerk auf die weißen Fliesen. „Phil! Du Zipfelklatscher!“ schnauze ich den unschuldig dreinblickenden Hund an, der sich hinterrücks angeschlichen hat. „Du weißt doch, dass ich so schreckhaft bin.“
„Alter, bleib locker“ grinst er. „Sag schon. Was riecht da so lecker?“
Ich atme tief durch und beginne, die Tomatenspritzer wegzuwischen. „Morgen gibt’s Bolognese. Deshalb haben wir doch vorhin nach der Gassirunde einen Großeinkauf im Supermarkt gemacht.“
Wusstet Ihr, dass manche Hunde sabbern können wie ein Wasserhahn? Das schwarze Exemplar, das vor mir hockt, ist einer davon. Endlose Sabberfäden hängen aus seinem Maul, während sich auf dem Boden vor ihm ein respektabler Sabbersee bildet. Phil sieht meinen Blick, schaut unter sich und meint „Sorry. Kann ich nix für. Würdest Du keine Bolo kochen, müsste ich nicht sabbern.“ „Ist schon gut“ grummele ich und wische die Pfütze weg.
„Darf ich mal probieren?“
„Nein.“ „Bitte.“ „Nein.“ „Biiiittteeee.“
„Nein. Die Bolo muss jetzt erst mal ein paar Stunden köcheln. Und hör endlich auf zu sabbern.“
Mit einem vorwurfsvollen Blick wendet Phil sich ab und zeigt mir die kalte Schulter. „Nie krieg ich was zu essen“ schmollt er. „Das stimmt jetzt aber nicht. Vor fünf Minuten hast Du zwei große Suppenlöffel kleingeschnipselte Karotten inhaliert.“ „Ja. Damals. Vor einer Ewigkeit. Und vom Hackfleisch hast du mir gar nix abgegeben.“
Während der Hund vor sich hinschmollt, wende ich mich wieder der Bolo zu und gieße eine halbe Flasche trockenen Rotwein ein. „So. Die darf jetzt sechs Stunden leise köcheln. Die wird morgen der Hammer. Zum Reinlegen.“
„Sag mal, Carsten“ fragt Phil. „Warum braucht das so lange?“
„Weil ne richtige Bolo eben Zeit braucht, bis sie richtig gut wird“ erkläre ich. „Ich hab mal gelesen, dass die Italiener nen Merkspruch haben: Zwei Stunden dem Feinde, vier Stunden dem Dorfpfarrer, sechs Stunden für die Familie und die besten Freunde.“
„Also reichen auch vier Stunden“ kommentiert Phil mit einem süffisanten Gesichtsausdruck. „In dem Fall koch ich lieber für die Familie“ entgegne ich trocken.
„Ich versteh euch Menschen nicht.“ Der kleine große Hund legt sich auf den Küchenboden und schaut mich an. „Warum macht ihr es immer so kompliziert? Du hättest doch auch ne Dose Fertig-Bolo im Supermarkt kaufen können. Aufmachen, heißmachen, weglöffeln. Zack.“
„Stimmt. Kann man machen. Wäre einfacher, schneller und vielleicht sogar billiger“ antworte ich. „Aber dann wär sie nicht halb so lecker. Manche Dinge werden halt erst dann richtig gut, wenn man ganz viel Liebe und Zeit reinsteckt. Das gilt für Bolognese genau so wie für meinen Beruf. Und es gilt auch für wuselige kleine 40-Kilo-Hunde.“
„Das versteh ich jetzt nicht“ murmelt Phil und entlässt genüßlich einen Pups in die Freiheit.
„Denk mal drüber nach“ sag ich. „Und morgen… darfst Du nen Löffel Bolo probieren.“
„Versprochen?“
„Ehrenwort!“
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