„Uiuiui“, murmelt Phil. Ich blicke rüber zur Hundedecke. Phil hat sich mal wieder mein Tablet ausgeliehen und scrollt sich mit der Pfote durch den Facebookfeed. „Pass auf, dass du das Display nicht verkratzt!“ sage ich und mache mir eine Notiz: Hundekrallen schleifen.
„Uiuiui“ wiederholt der Vierbeiner.
„Was denn?“
„Dein Papst.“
„Leo?“
„Genau der. Gibt ja nur den einen.“
„Was ist denn mit dem Papst?“
„Der gibt jetzt auch Interviews.“
„Machs nicht so spannend“ sage ich neugierig. „Was sagt er denn?“
„Scheinbar sieht er diese Sache mit den Segensfeiern für homosexuelle Paare kritisch.“
„Wie jetzt?“ frage ich. „Lies mal vor.“
Der Hund senkt den Blick und sucht mit der Pfote nach der passenden Stelle. „Da!“ sagt er. „Es sei wichtig, Menschen zu akzeptieren, die anders sind als wir, und zu akzeptieren, dass sie in ihrem Leben Entscheidungen getroffen haben, und dass wir sie respektieren.“
Ich schnaufe.
„Kann es sein“ meint Phil, „dass der Leo nicht verstanden hat, dass Menschen sich ihre Sexualität nicht aussuchen? Dass sie sich nicht entscheiden, hetero, homo oder trans zu sein, sondern einfach so sind, wie sie sind?“
„Sieht wohl so aus.“ nicke ich.
„Kann es sein“ ergänzt Phil, „dass er beim Versuch, was „Nettes“ zu sagen, gerade ziemlich danebengreift und wieder mal Menschen aus der LGBTQ-Community verletzt und ausgrenzt?“
„Sieht wohl so aus“ nicke ich erneut.
„Und kann es sein, dass er mal eben sowohl naturwissenschaftliche als auch theologische Erkenntnisse der letzten Jahrzehnte ignoriert?“
„Hach ja…“
„Und jetzt?“ fragt der Vierbeiner.
„Jetzt gehen wir einfach weiter. Wie schon die ganze Zeit. Nennt sich „vorauseilender Gehorsam“. Irgendwann wird auch unsere Kirche verstehen, dass sie in dieser Sache auf nem Irrweg ist – und ihre Haltung ändern.“
Der Hund überlegt einen Moment. „Ist das nicht ein Risiko für dich und all die anderen, die einfach trotzdem segnen? Immerhin tut ihr etwas, das nicht so richtig erlaubt ist?“
„Ach Phil“ lächele ich. „Jesus nachzufolgen war schon immer ne riskante Sache. Kirche lebt davon, dass Christ*innen miteinander ringen und nach dem richtigen Weg suchen. Dass es dabei Reibung gibt; dass manche vorpreschen, wo andere noch im Gestern verharren, gehört seit 2000 Jahren dazu.“
Phil nickt bedächtig. „Trotzdem“ sagt er „wird es mal wieder Anfeindungen und Anzeigen geben. Weil manche von euch nicht gehorsam auf Linie sind. Das ist doch nervig!“
„Sowas von. Aber am Ende muss ich mich nicht vor Leuten verantworten, die ein Problem mit Menschen aus dem LGBTIQ-Spektrum haben, sondern vor Gott. Irgendwann werde ich mal vor ihm stehen und mit ihm mein Leben anschauen.“
„Und dann?“
„Weißt du“ sage ich „Wenn Jesus in einer Sache klar war, dann darin, dass Gottes Liebe verschwenderisch und unendlich viel krasser und größer ist, als wir Menschen es verstehen können. Da stehe ich doch lieber als einer vor ihm, der mutig und großherzig Segen geschenkt hat, als einer, der ängstlich und kleinkariert Segen verweigert hat.“
„Klingt logisch“ grinst Phil. „Es bleibt also dabei: Liebe gewinnt?“
„Liebegewinnt!“