Unterwegs im Wald. An einer Lichtung bleibt der Hund staunend stehen.
„Oh. Die sind aber mal schön.“
„Wer ist schön?“
„Die Blumen.“
„Welche Blumen?“
„Die mit den lila Blüten. Die sind so hübsch.“
Jetzt fallen sie auch mir auf. Ein ganzes Feld voller prächtig strahlender Blüten steht zwischen den Bäumen.
„Du meinst den Fingerhut?“
„Keine Ahnung wie die heißen. Hauptsache schön.“
„Naja. Schön sind sie. Und giftig obendrein.“
„Giftig? Die sehen aber so unschuldig aus.“
„So ist das manchmal. Dinge sehen von außen betrachtet ganz hübsch aus, sind aber in Wahrheit verdammt giftig. Beim Fingerhut reichen zwei Blätter, um einen Menschen zu töten.“
„Krass.“ Phil schüttet ungläubig den Kopf.
Wir ziehen weiter.
Auch an der nächsten Lichtung stehen ganze Scharen von Fingerhut. Erneut betrachtet Phil die Gewächse. Als er vorsichtig dran schnuppert, rufe ich ihn zurück. „Bleib besser weg. Die sind bestimmt auch für Hunde gefährlich.“
„Ist dir mal aufgefallen, dass dieser Fingerhut den gleichen Trick anwendet, wie all die Populisten, die gerade auf dem Vormarsch sind?“ fragt er.
„Wie kommst du jetzt da drauf?“
„Naja. Der Trick ist doch der gleiche wie bei den Populisten: Von außen betrachtet sehen sie ganz hübsch aus. Die machen einen auf prächtig und stark und lenken alle Blicke auf sich. Aber wenn du dich auf sie einlässt. Dann wird‘s giftig.“
„Dein Ernst jetzt? Also mir fallen auf Anhieb 1000 andere Dinge ein, die 1000 mal hübscher sind als irgendwelche dämlichen Populisten.“
„Für dich vielleicht. Offensichtlich gibt es aber genügend Menschen, die sich von denen angezogen fühlen. Weil sie von all den anderen Pflanzen der Parteienlandschaft enttäuscht sind. Oder weil sie sich erhoffen, dass die Populisten ihnen eine lebenswerte Zukunft bringen. Irgendwas muss die Menschen ja faszinieren.“
„Mag sein, Phil. Es gibt allerdings einen ziemlich großen Unterschied zum Fingerhut: Bei dem weiß nämlich jeder, dass er giftig ist.“
„Und warum weiß jeder, dass der giftig ist?“
„Na, ich denke, vermutlich wird irgendwer mal davon probiert haben. Die andern haben dann gesehen, was mit ihm passiert ist, und dachten sich „Oh-ha. Dieses Grünzeug sollten wir besser nicht essen. Hübsch-hässlich und tödlich.““
„Also ich sehe da keinen großen Unterschied“ stellt Phil fest. „Eigentlich sogar eine weitere Gemeinsamkeit.“
„Welche?“
„Naja. Vor weniger als 100 Jahren habt ihr schon mal von dieser Pflanze gefuttert. Die Vergiftungserscheinungen haben nicht lange auf sich warten lassen…“
„Dummerweise mussten vor allem die daran leiden, die gar nicht von der Pflanze essen wollten. Die, die von vornherein mussten, dass sie gefährlich giftig und alles andere als schön ist.“
„Da hast du auch wieder recht.“
„Wie auch immer“, grummelt der Hund. „Von manchen Gewächsen sollte man einfach die Finger lassen. Gerade, wenn man weiß, was dahinter steckt. Da würde ich von euch Menschen schon etwas mehr erwarten als das, was ihr gerade so abliefert.“
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