Happy Hour (beim Hundedoc)

„Phihiiil“ rufe ich mit säuselnder Stimme.
Der Hund hüpft von der Couch und trappst gemütlich Richtung Büro.
„Was los? Hab gerade so gut gepennt“ gähnt er und streckt sich ausgiebig.
„Lust auf nen Besuch beim Tierarzt?“
Schlagartig richten sich Ohren und Rute auf. Der Vierbeiner hüpft vor Freude in die Luft und beginnt, wild mit dem Po zu wackeln. „It’s Paaaartytiiiime“ gröhlt er und kann es kaum erwarten, dass ich meine Schuhe anziehe und mit ihm rausgehe.

„Jetzt gib schon Gas“ drängelt Phil während der kurzen Fahrt aus dem Kofferraum.
„Geht nicht schneller. Ist ein Wohngebiet.“
„Dann mach halt das Blaulicht an! Ist schließlich ein Notfall.“
„Wir haben kein Blaulicht. Außerdem geht’s nur zur Impfung. Das ist kein Notfall.“
„Behauptest du…“
„Behaupte ich.“

Obwohl ich (laut Hund) viel zu langsam gefahren bin, kommen wir sogar fünf Minuten vor Öffnung der Praxis an. Vor der Tür warten bereits zwei weitere Hunde und eine Katze. Man begrüßt sich freundlich und checkt die Lage. „Alles klar bei euch, Jungs?“ fragt Phil seine Kumpels. „Geht so“ murmelt der Eine. „Alter, du bist ganz schön groß“ antwortet der andere. „Lasst mich bloß in Ruhe“ schaltet sich die Katze aus ihrer Box dazwischen. „Schnauze“ pöbeln die drei Jungs zurück.

Die Tür öffnet sich. Phil kann es kaum abwarten. Wie ein ausgewachsener Wasserbüffel zieht er an der Leine. Dabei gibt er hohe Pieps- und Jammerlaute von sich, als wäre er ein Teenager in der schlimmsten Phase des Stimmbruchs. „Jetzt mach mal locker“ versuche ich ihn zu beruhigen. „Aber ich will zur Frau Pfeiffer und zum Doc“ hechelt das schwarze Riesenbaby.

Endlich sieht er seine Freundin, die hinter dem Empfangstresen hervorschaut und ihn freundlich begrüßt „Hey Phil. Auch mal wieder hier.“ „Moin schöne Frau. Ja klar. Würde ja öfter kommen, wenn Herrchen es erlauben würde.“ schäkert das haarige Wesen. Mit einem Satz steht er am roten Tresen und strahlt mit seinem schönsten Hundelächeln. „Na, heut schon was vor?“ „Ja. Muss arbeiten. Ganz schön was los.“ „Hab ich schon bemerkt. Haste noch’n Keks für mich, bevor ich zum Doc rübergehe? Wir flirten dann später weiter.“ „Sicher.“ antwortet Frau Pfeiffer und schiebt ihm sogar zwei Kekse zu.

Nach einer kurzen Wartezeit ziehen wir rüber ins Behandlungszimmer. Phil hüpft auf den Edelstahltisch und begrüßt seinen Freund. „Fieber? Erbrechen? Krank?“ fragt mich der Tierarzt. „Nee, Doc“ antwortet Phil. „Nur ein paar Spritzen für die Impfung. Hau rein den Stoff.“

Ich verdrehe die Augen über den verrückten Hund. Gleichzeitig bin ich etwas eifersüchtig, dass er so locker ist. Was spitze Nadeln angeht, bin ich eindeutig der größere Schisser. Ohne zu zucken lässt Phil sich in den Hintern stechen – und hüpft gleich darauf freudig auf den Boden. Er weiß, was jetzt kommt. „Hier. Den hast du dir verdient“ lächelt Herr Pfeiffer und reicht Phil seinen Keks. „Danke“ schmatzt die Hundeschnauze.

Zum Abschied noch ein kurzer Talk am roten Tresen (inklusive Keks), dann trotten wir in Richtung Auto. „Carsten. Wir müssen einfach öfter hierher. Es gibt doch fast nix Besseres als den roten Hundetresen von den Pfeiffers. Da ist immer Happy Hour.“
„Dir ist schon klar, dass das kein Pub ist, sondern eine Praxis?“
„Ach wenn schon. Manche Orte sind halt einfach cool. Egal, wie sie heißen.“

#gesprächemitphil

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